this post was submitted on 05 Jan 2024
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Frag Feddit
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Schwierig.
Das Problem ist, dass Populismusanfälligkeit nicht an den Themen hängt.
Populismusanfälligkeit kommt an der Kreuzung aus "hat generell viel Angst", "hat nicht die Fähigkeit/Geduld/Willen anständig zu recherchieren", "ist leichtgläubig" und "lebt Angst als Wut aus".
Das sind grundlegende Charaktereigenschaften, und die sind nicht abhängig vom Thema um das es geht.
Man kann also Populismus-Whack-a-Mole betreiben und es eventuell schaffen, erfolgreich gegen einzelne Themen zu argumentieren. Aber kaum hat man eines dieser Themen vom Tisch, kommt die betreffende Person mit fünf weiteren Spinnereien ums Eck.
Und während man lange Recherchen und gute Argumente braucht, um so einen Mist zu widerlegen, braucht die betroffene Person nur eine halbe Überschrift oder einen 3-Zeilen-Post auf Telegram lesen, und der nächste Blödsinn ist da.
Wichtiger ist es somit, sofern der Draht zu dem Gegenüber gut genug ist, ihnen zu helfen, ihre Angst in Griff zu bekommen.
Kleine Anekdote von meinem jüngeren Ich: Vor gut 10 Jahren war ich mal in einem mäßig besetzten Bus unterwegs (längere Strecke). Da steigt ein offensichtlich erkennbarer Neonazi ein und fängt an, die Leute anzupöbeln. Ich schau ihn an und sag "Hast einen schlechten Tag heute?"
Er war etwas baff und hat erst gedacht, ich wollt ihn provozieren. Ich hab meine Frage wiederholt und ihn gefragt, ob er darüber reden will.
Er hat sich dann neben mich gesetzt und hat mir seine ganze Lebensgeschichte erzählt. Beginnend mit seiner alleinerziehenden, gewalttätigen Mutter, seinem Versagen in der Schullaufbahn (inklusive heftigem Mobbing), bis zu der Neonazigruppe, die wohl die einzigen Menschen sind, die ihm gegenüber positiv waren und ihn aufgebaut haben. Und schlussendlich dazu, dass die gemeinsam letztens wen verprügelt haben und er dafür demnächst zwei Jahre einsitzen muss.
War der Typ ein gewalttätiger Neonazi? Ja, klar. Ist das verabscheuenswürdig? Auch ja.
Aber dahinter ist doch noch ein Mensch, der eben seine Angst in Hass umwandelt.
Ich weiß nicht, ob ich ihm helfen hab können. Hab ihn danach nicht wieder gesehen. Aber ich hab es zumindest versucht. Und ich kann nur hoffen, dass ihm diese Begegnung noch immer so präsent ist wie mir.
Solche Leute verlieren ihre Angst nicht dadurch, dass man die Verbindung zu ihnen kappt. Deren Hass ist ein Symptom, nicht die Ursache. Begegnet man ihnen mit Hass, dann trifft man damit nicht ihren Hass, sondern ihre Angst, die dadurch verstärkt wird.
Das hier ist natürlich kein Aufruf, fremden Hasstätern alles durchgehen zu lassen, weit davon.
Aber wenn man so wen im familiären Umfeld hat, der einem eigentlich nahe steht, dann hilft es zu wissen, dass man gegen ihre Angst angehen muss, nicht gegen ihren Hass.