Hat die AfD den Ostdeutschen den Kopf verdreht oder sind Ostdeutsche einfach empfänglich für ausländerfeindliche und nationalistische Parolen? Eine neue Studie deutet auf letzteres. Vor allem in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen stoßen rechtsextreme Thesen kaum auf Widerspruch.
Die Debatten über Ostdeutschland und das Verhältnis seiner Bewohner zur Demokratie reißen nicht ab. Im Gegenteil: Nach der Wahl eines AfD-Kandidaten zum Landrat von Sonneberg rätselt die Republik mehr denn je, was da eigentlich los ist mit den Wählern im Osten. Eine neue Studie des Else-Frenkel-Brunswick-Instituts der Universität Leipzig liefert umfangreiche Zahlen zu den fünf Flächenländern sowie den Osten Berlins. Vor allem Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen stechen hervor: "Jeder zweite wünscht sich eine 'starke Partei', die die 'Volksgemeinschaft' insgesamt verkörpert. Statt pluralistischer Interessensvielfalt wird eine völkische Gemeinschaft gewünscht", erklärt Co-Studienleiter Elmar Brähler.
Zwei Erkenntnisse stehen im Zentrum der Studie, für die zwischen Mai und September vergangenen Jahres rund 3500 Menschen befragt worden waren: Insbesondere in Mitteldeutschland gibt es einen hohen Anteil von Menschen mit rechtsextremen Einstellungen sowie nur einen geringen Anteil von Menschen, die rechtsextremen Thesen eindeutig widersprechen. "In einzelnen Bundesländern werden Aussagen mit eindeutig rechtsextremem Inhalt nur von 20 bis 30 Prozent zurückgewiesen", heißt es in der Studie. Zweitens empfindet sich zwar eine Mehrheit der Befragten als Demokraten, doch mit der Demokratie, wie sie die Menschen in ihrem Alltag erleben, ist eine große Mehrheit unzufrieden.
Mehrheit gegen Ausländer, viele Anti-Semiten
Das Wählerpotenzial der AfD ist damit vor den Landtagswahlen im kommenden Jahr - wenn in Brandenburg, Sachsen und Thüringen gewählt wird - hoch. Derzeit sehen verschiedene Umfrage-Institute die Partei in allen drei Ländern zwischen 22 und 30 Prozent. Doch weitere unzufriedene Wähler anderer Parteien könnten ihr zulaufen. Und: "Da sich die meisten Menschen mit einem geschlossen rechtsextremen Weltbild bisher nicht entscheiden können, an den Wahlen teilzunehmen, liegt hier noch weiteres Potenzial für extrem-rechte und neonazistische Parteien", stellen die Studienautoren fest.
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AfD-Wahl "kein diffuser Protest"
Zu denken geben müsse der Politik vor allem der hohe Anteil an Befragten, die mit der alltäglich gelebten Demokratie kaum positive Erfahrungen verbinden, sagt Decker. Viele Menschen fühlten sich machtlos und glaubten nicht daran, sich in der existierenden Demokratie für die eigenen Interessen einsetzen könnten. Viele der Befragten machten sich Sorgen um den Wirtschaftsstandort Deutschland und blicken pessimistisch in die Zukunft. Diese Wahrnehmung sei, so die Studie, für die politischen Ansichten oft entscheidender als die eigene wirtschaftliche Situation. Die hohe Zustimmung zur AfD im Osten sei "nur zu einem geringen Teil durch strukturelle Benachteiligung zu erklären".
In einem ergänzenden Beitrag kommen Forscher des Magdeburger Instituts für Demokratische Kultur zu dem Schluss: "Der relative Erfolg der AfD beruht auch auf der Unterstützung durch ein kohärent rechtsextrem eingestelltes Milieu und auf dem Zuspruch von Wählerinnen, die Bestandteile des rechtsextremen Weltbildes vertreten. Hier liegt kein diffuser Protest vor, sondern ein bewusster Wahlakt auf der Grundlage korrespondierender Einstellungen." Kurz: Die AfD baut auf der Basis schon vorher im Osten verbreiteter Ansichten auf. Doch die Zustimmung zu ihren Parolen wächst.
Das sind wirklich traurige Zahlen, allerdings würde ich mir lieber die Studie selbst zu Gemüte führen als diesen Artikel. ~~N-TV gehört zu Springer und wir wissen ja seit neuestem wie dessen Chef zu Ostdeutschland steht.~~ (Edit: ist RTL/Bertelsmann, mein Fehler)
Ohne verharmlosen zu wollen, würde ich auch gern Vergleichszahlen aus allen Bundesländern sehen. Gerade bei den ganz steil, rechtsradikalen Thesen kann ich mir vorstellen, dass es überall in DE ähnlich viel/wenig Zuspruch gibt.
Dass es nicht nur Protest ist, musste ich leider auch bei meiner eigenen Bekanntschaft feststellen. Höchstenfalls Protest gegen eine gefühlte Bedrohung ausgehend von Fremden und Veränderungen.
Nein. N-TV gehört zu Bertelsmann
Tatsächlich, wieder was gelernt. Muss ich meinen Kommentar wohl anpassen.
Was du vermutlich meintest war N24. Das gehörte ursprünglich zu Pro7/Sat.1, wurde irgendwann von Springer gekauft und dann etwas später zu WELT umbenannt.
Achja, die waren das. Die heißen alle einfach zu ähnlich.
Die ist im Artikel explizit verlinkt!?
Habe ich nicht in Frage gestellt. Ich meinte nur, dass ich sie lieber lesen würde als den Artikel. Nur weil sie verlinkt ist, heißt das nicht, dass der Artikel die Aussagen der Studienautor:innen komplett richtig widergibt.
Sie den Kommentar als Ausdruck meines Vorsatzes die Studie zu lesen.