Wehrhafte Demokratie

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Demokratie ist leider nicht selbstverständlich. Diese Community ist für alle, die bereit sind liberale Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit zu verteidigen und um die im Laufe der Geschichte gefallenen Helden zu würdigen. Schwurbler, Monarchisten, Nazis, Tankies und andere Fans von Autokratischen Systemen oder Personen, die den Begriff „Demokratie“ beschmutzen sind nicht erwünscht.

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> wochentaz: Wie wurden Sie Oma gegen Rechts, Frau Wölke-Rebhan?

Gabriele Wölke-Rebhan: Am 1. Mai 2019 waren Frauen aus Berlin und Hessen mit Schildern „Omas gegen Rechts“ auf der Demo in Erfurt. Das hat mich sofort neugierig gemacht. Früher sind wir Omas alleine auf Demos gegangen, das ist manchmal aber etwas entmutigend – vor allem, wenn man wie ich Witwe ist. Man kommt von der Demo und hat niemanden, mit dem man reden kann. Andere fanden die Idee auch gut, und dann haben wir die Omas gegen Rechts Erfurt gegründet. Inzwischen sind wir über 40 Leute.

>Wofür stehen die Omas?

Wir kämpfen für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, eine gerechte und freie Gesellschaft mit Respekt und Achtung für alle Menschen, unabhängig von Herkunft, Religion, sexueller Identität. Wir setzen uns für Frauenrechte und Generationenverantwortung ein. Das ist mit einer rechten Regierung nicht zu machen, deshalb passt „Omas gegen Rechts“ gut zu uns. Und es fühlt sich gut an, mit diesem Namen Teil einer Gemeinschaft von inzwischen über 30.000 Mitgliedern zu sein.

Was waren dann Ihre ersten politischen Aktionen?

2019 haben wir zuerst mit anderen aus der Zivilgesellschaft versucht, den Einzug der Rechten in den Landtag zu verhindern. Dann kam der Schock mit der Landtagswahl. Danach standen wir lange Zeit immer montags bis samstags eine Stunde vor der Staatskanzlei, um zu mahnen. Dort haben wir auch Demokratiegespräche mit Bür­ge­r*in­nen geführt, woraus sich unser samstäglicher Info-Stand mitten im Stadtzentrum entwickelte. Dann kam die Beratungsstelle Ezra auf uns zu und hat uns vom Ballstädt-Prozess erzählt.

> 2014 hatten Nazis eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt im Landkreis Gotha überfallen und einige Leute schwer verletzt…

Das alte Urteil wurde aufgehoben und neu verhandelt. Die Leute aus dem Ort lebten Tür an Tür mit den Nazis und trauten sich nicht auszusagen, deshalb sollten wir als Unterstützerinnen kommen. Wie die Justiz hier agierte, schockierte mich. Die Betroffenen wurden von den Richtern mit Zynismus und ohne Empathie behandelt, die Täter mit Milde, wenn sie denn einfach gestehen würden.

Sie haben gesagt, sie seien sehr betrunken gewesen. Das reichte den Richtern.

Ja, sie pochten auf Gedächtnisverlust! Da dachten wir Omas: Jetzt erst recht! Als Reaktion auf den Prozess haben wir die Petition „Keine Deals mit Nazis“ gestartet und bundesweit über 55.000 Unterschriften gesammelt. Zu dieser Petition gab es dann eine öffentliche Anhörung im Landtag, und seit Herbst 2023 liegt sie dem Bundestag vor. Wir besuchen noch immer viele politische Prozesse. Die Betroffenen sollen sich nicht allein gelassen fühlen.

** Sie sind als Omas auch im antifaschistischen Bündnis „Auf die Plätze!“, unter anderem mit der DGB-Jugend, der Seebrücke und Jugend ohne Grenzen. Unterstützen die politischen Parteien Sie auch?**

Die Linke und die Grünen unterstützen uns. Die anderen nicht und das ärgert mich furchtbar. Wir werden immer in die linke Ecke gestellt, dabei sind wir ein parteienunabhängiger Verein. Wir sind zwischen Mitte 50 und über 80. Wir kommen aus dem Osten und aus dem Westen. Wir sind Christinnen und Atheistinnen. Wir vertreten humanistische, ethische und damit auch christliche Werte. Wir sind Demokratinnen – sonst nichts! Zu dieser Wahrnehmung trägt zum Teil aber auch die Presse bei. Die AfD-Aufmärsche haben dort immer viel Raum eingenommen im Gegensatz zu unseren Gegendemos, die oft viel größer waren. Damit wurde suggeriert, wir seien linke Radikale gegenüber dieser „bürgerlichen Mitte“ und so kamen wir in eine Schmuddel­ecke. Das hielt Leute davon ab, mit uns zu demonstrieren.

> Für viele Christ­de­mo­kra­t*in­nen ist die Antifa der Feind.

Ich gebe zu, die jungen Leute der Antifa waren für mich anfangs schon gewöhnungsbedürftig. Wir Omas gegen Rechts sehen uns aber aufgrund unserer Lebenserfahrung auch ein wenig in der Aufgabe zu deeskalieren. Mir imponiert das enorme Engagement der jungen Leute für die Demokratie. Ich habe noch nie so viel Hilfsbereitschaft erlebt wie von der Antifa. Die kümmern sich um uns alte Frauen, als wären wir ihre eigenen Omas. Sie schützen uns vor verbalen, aber auch körperlichen Angriffen, denen wir teilweise ausgesetzt sind. Das macht sonst keiner!

> Wie blicken Sie auf die kommenden Landtagswahlen?

Das letzte Wahlergebnis hat mich erschüttert. Aber wir können uns jetzt nicht wegducken, auch wenn vieles schwieriger, zum Teil gefährlicher wird. Ich könnte auch häkeln, demonstrieren ist anstrengend. Ohne meine Kytta-Salbe und die Wärmepflaster würde ich es nicht aushalten. Aber die Demokratie ist es mir wert! Wir müssen Haltung zeigen und, wie die Wahlen beweisen, uns verstärkt den jungen Menschen widmen. Mit unseren beiden Projekten zur Bücherverbrennung 1933 in Erfurt, wo wir seit vier Jahren mit der jungen Generation diesen Teil der Geschichte aufarbeiten, wollen wir sensibilisieren, damit sich so etwas nie wiederholt. Die AfD kann in bestimmten Positionen viel erreichen, aber sie kann nicht gleich das ganze Land kaputt machen.

> Haben Sie einen Kampfspruch?

Meine Mutter hat immer gesagt: Ein Glück, dass ich das nicht mehr erleben muss. Ich möchte im Gegenteil sagen: Ein Glück, dass ich das noch erleben darf, dass wir De­mo­kra­t*in­nen in Thüringen uns gewappnet haben und den Siegeszug der Rechten stoppen konnten.

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Michigan ist für Joe Biden bei der US-Wahl wichtig. Immer mehr De­mo­kra­t:in­nen wenden sich von ihm ab. Dass er nicht Trump ist, reicht nicht aus.

Was eine zweite Präsidentschaft Donald Trumps bedeuten würde, sei ihr bewusst, sagt Mara Matta. Sie habe die vier Jahre unter seiner Regierung schließlich erlebt. „Ich verachte alles, wofür Trump steht. Er ist ein Rassist, ein Frauenfeind, ein Hyperkapitalist.“

Im November will die 27-Jährige statt Joe Biden dennoch eine aussichtslose linke Kandidatin wählen, wenngleich das Trumps Chancen erhöht. „Ich kann Bidens Mitschuld an einem Genozid einfach nicht belohnen“, sagt Matta. Sie klingt nicht trotzig, sondern bedrückt.

Matta sitzt in einem Diner in der Kleinstadt Ferndale westlich von Detroit. Ein paar Kilometer entfernt, in Dearborn, ist sie aufgewachsen. Nirgendwo anders in den USA ist der Bevölkerungsanteil von Menschen mit arabischen Wurzeln größer als dort. Vor Matta steht ein Teller mit Omelette und Kartoffelschnitzen, daneben eine Tasse Kaffee, die sie so zügig wegtrinkt, dass die Kellnerin kaum mit Nachfüllen hinterherkommt.

Matta denke fast ununterbrochen an Gaza, wo die israelische Armee seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober über 35.000 Menschen getötet hat, darunter viele Frauen und Kinder. Sie sorgt sich, dass der Krieg den Libanon erreichen könnte, wo sie Familie hat. Sie spricht von ihren Depressionen und dass ihr das politische Organisieren aus dem Loch geholfen habe.

Anfang des Jahres schloss sich Matta der Initiative „Listen to Michigan“ an, die so viele Leute wie möglich dazu bringen wollte, bei den demokratischen Vorwahlen nicht für Biden zu stimmen, sondern „uncommitted“ (unentschlossen) anzukreuzen.

Angetrieben wurde die Gruppe von der Wut darüber, dass die US-Regierung den Krieg Israels unterstützt und ermöglicht – finanziell, militärisch, symbolisch. Ziel war es, Biden unter Druck zu setzen, eine Botschaft zu senden: Wenn kein Kurswechsel erfolgt, wendet sich die Basis ab.

Matta, die im Gesundheitswesen arbeitet, wurde zur Leiterin der Telefonkampagne. Drei Wochen lang brachte sie anderen Leuten bei, wie man das Anliegen in wenigen Sätzen transportiert. Als am Abend des 27. Februar die Ergebnisse der Vorwahlen öffentlich wurden, waren selbst die Überzeugtesten im Team von ihrer Wirkung überrascht.

101.623 De­mo­kra­t:in­nen machten in Michigan ihr Kreuz bei „uncommitted“, 13 Prozent der Wahlbeteiligten.

„Die Solidarität hat mich völlig umgehauen“, sagt Matta. Bei den Vorwahlen in Minnesota eine Woche später stimmten dann sogar 19 Prozent der demokratischen Basis gegen Biden. Spätestens seit diesem Moment ist klar, dass die Opposition zur US-Nahostpolitik ein Gewicht hat, das die Wahl entscheiden könnte.

Aus „Listen to Michigan“ ist mittlerweile eine landesweite Bewegung, das Uncommitted National Movement, erwachsen. Matta und ihre Mit­strei­te­r:in­nen haben Aufmerksamkeit gewonnen. Im November scheinen sie dennoch nur verlieren zu können. „Wir wollen nicht Trump. Wir wollen aber auch nicht mit unseren Steuergeldern diesen Krieg finanzieren“, sagt der 29-jährige Ali Hallal, der ebenfalls in der Bewegung aktiv ist. „Viele von uns haben schon länger das Gefühl, nicht mehr wirklich in einer Demokratie zu leben.“

Es gehört zur Ironie des langen, zähen Präsidentschaftswahlkampfs in den USA, dass am Ende nur wenige Orte wirklich wichtig sind. In diesem Jahr sind es sieben Bundesstaaten, die entsprechend ihrer Bevölkerungsgröße Gewicht haben und zugleich im Ausgang offen sind, die „Swing States“: Nevada, Arizona, Georgia, North Carolina, Pennsylvania, Wisconsin und Michigan.

Michigan steht besonders im Fokus. 2016 konnte Trump den Staat im Mittleren Westen mit gerade mal 10.000 Stimmen Vorsprung (0,23 Prozent) gewinnen; es war das knappste Ergebnis aller Bundesstaaten. Vor vier Jahren holte sich dann Biden den Staat und damit auch den Gesamtsieg. In aktuellen Umfragen führt Trump nun wieder knapp.

Doch Michigan ist nicht nur zahlenmäßig von enormer Bedeutung, sondern auch, weil sich hier wesentliche Probleme und Herausforderungen der Demokratischen Partei verdichten. Zum einen wenden sich zunehmend viele Menschen mit Migrations­hintergrund und nun sogar junge Linke von ihr ab, wie etwa Mara Matta.

Zum anderen muss die Partei dringend in suburbanen Regionen überzeugen, die überwiegend weiß, konservativ und „working class“ sind, dort also, wo die De­mo­kra­t:in­nen bereits seit Jahrzehnten einen enormen Wäh­le­r:in­nen­schwund verzeichnen.

Joe Biden braucht Michigan, vor allem die Vorstädte. In den Vorstädten, wo über die Hälfte der US-amerikanischen Bevölkerung lebt, entscheidet sich diese Wahl.

Dearborn ist nicht irgendeine Vorstadt. In Dearborn wurde 1863 Henry Ford geboren, der mit seinem Autounternehmen eine Episode des modernen Kapitalismus in Gang setzte, die sich zwar längst im Niedergang befindet, aber die USA ökonomisch und kulturell immer noch prägt: den Fordismus.

Ford ließ in seiner Heimat in den 1920er Jahren die damals größte Fabrik der Welt, den Ford River Rouge Complex, bauen. 120.000 Ar­bei­te­r:in­nen waren hier zu Spitzenzeiten beschäftigt. Die Fließbandfertigung machte Ford zu einem der weltweit reichsten Männer. Im Rouge Complex wird bis heute produziert, wenn auch deutlich weniger.

Doch Fordismus meinte nie nur die Massenherstellung von Fahrzeugen, sondern immer auch eine Art von Gesellschaft, die bestimmte Normen, Sehnsüchte und Qualen manifestiert: Massenkonsum, den Traum vom Vorstadtleben mit Garage und Garten, das Primat der Kernfamilie, eine klare Trennung von häuslicher Sphäre und Arbeitsplatz: „middle class dreams“.

Die rasant wachsende Zahl von Fabrikjobs war auch der Grund, warum ab den Zwanzigern mehr und mehr arabische Im­mi­gran­t:in­nen nach Dearborn zogen. Zunächst aus dem Libanon, später aus dem Irak, dem Jemen und Palästina. Heute haben 55 Prozent der rund 110.000 Ein­woh­ne­r:in­nen arabische Wurzeln. Im Norden der Stadt ragt das Islamic Center of America, die größte Moschee der USA, heraus.

Dearborn sei ein Ort mit „riesiger Gastfreundschaft“, erzählt Mara Matta. Gleichzeitig will sie ihre Heimat nicht glorifizieren, spricht von einer „sozial konservativen“ Stadt. Seit sie ihrer christlich-orthodoxen Familie vor einigen Jahren sagte, dass sie queer sei, ist der Kontakt stark reduziert. „Heute ist orthodoxes Ostern“, erzählt sie. „Früher waren wir da immer alle zusammen.“

Für viele Menschen in Dearborn ist der Krieg in Gaza nichts Fernes, sondern wegen der Angst um Familienmitglieder und einer Identifizierung mit der palästinensischen Bevölkerung eine nahe Katastrophe. So beschreibt es auch Adam Abusalah, 23 Jahre alt, der aus einer palästinensischen Familie kommt und die Segregation im Westjordanland von eigenen Besuchen kennt.

Während Abusalah 2020 noch für Biden Straßenwahlkampf machte, als „Hardcore-Demokrat“, wie er selbst sagt, will er im November seine Stimme keinem der beiden Spitzenkandidaten geben. „Ich werde niemanden wählen, der den Genozid an meinen Leuten finanziert“, so Abusalah. Es sei eine Gewissensentscheidung.

„Es geht um Gaza, nicht um uns“, sagt die 19-jährige Assmaa E., die ebenfalls in Dearborn geboren wurde und Biden nicht wählen wird. Sie studiert an der University of Michigan in Ann Arbor, wo sie seit Ende April Teil eines Protestcamps war, das von der Polizei geräumt wurde.

Die Stu­den­t:in­nen fordern, dass ihre Uni die Geschäfte mit Firmen und Institutionen abbricht, die von Israels Krieg profitieren. Assmaa E. sagt, dass sie in der aktuellen Bewegung Gehör bekomme, was für sie als „linke Muslima“ keine Selbstverständlichkeit sei. Ihren vollen Namen möchte sie aus Angst vor Repressionen nicht nennen.

Republikanische Po­li­ti­ke­r:in­nen und rechte Medien wie Fox News haben sich in den letzten Monaten geradezu obsessiv auf die Proteste eingeschossen, sprechen von einer „Pro-Hamas-Bewegung“ und werfen Zehntausenden De­mons­tran­t:in­nen pauschal „Judenhass“ vor.

Während es durchaus Fälle antisemitischer Äußerungen von Stu­den­t:in­nen gibt, ist die reaktionäre Kampagne, die hier am Werk ist, unübersehbar. Selten wurde in den vergangenen Jahrzehnten eine soziale Bewegung in den USA so massiv bekämpft. Verantwortung für dieses Klima tragen auch Kräfte der politischen Mitte.

„Sie wissen nicht viel über die Geschichte des Nahen Ostens oder, offen gesagt, über die Geschichte in vielen Regionen der Welt, auch in unserem eigenen Land“, sagte die ehemalige Außenministerin und frühere Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton kürzlich über die „jungen Leute“.

Es sind solche Aussagen, die deutlich machen, dass derzeit nicht nur verschiedene Haltungen zu einem Thema aufeinanderstoßen, sondern zwei grundverschiedene Sichtweisen der politischen Gegenwart. Im Clash zwischen Palästinabewegung und Establishment zeigt sich ein Generationenkonflikt, der lange Zeit verdrängt wurde.

Auf der einen Seite steht jemand wie Clinton, die 2002 als US-Senatorin ihre Zustimmung zum Irakkrieg gab, der mit vermeintlichen irakischen Massenvernichtungswaffen begründet wurde, die es nicht gab, und der eine halbe Million Menschen das Leben kostete und den Nahen Osten ins Chaos stürzte; eine 76-jährige Berufspolitikerin, die 2016 auch wegen ihres ignoranten, abgehobenen Wahlkampfs gegen einen Reality-TV-Star verlor und die nun einer ganzen Generation Ahnungslosigkeit unterstellt.

Auf der anderen Seite ist da jemand wie Mara Matta, die zu jung ist, um sich an die Terroranschläge vom 11. September 2001 zu erinnern, aber weiß, dass ihre Eltern in Dearborn damals aufhörten, in der Öffentlichkeit Arabisch zu sprechen. Von der „privilegierten Position“, die linken Ak­ti­vis­t:in­nen oft unterstellt wird, hat Matta als queere, arabisch-amerikanische Frau ohne finanziellen Rückhalt ihr Leben lang nichts gespürt. Wenn sich Leute wie sie nun von der Demokratischen Partei abwenden, kann man das auch als generelle Abrechnung mit dem politischen System in den USA verstehen.

So wie nach dem 11. September 2001 werden muslimische und arabische Ame­ri­ka­ne­r:in­nen derzeit wieder unter Generalverdacht gestellt. Das Wall Street Journal bezeichnete Dearborn im Februar als „Amerikas Hauptstadt des Dschihad“, was dazu führte, dass Moscheen und Schulen ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärfen mussten.

Dem demokratischen Bürgermeister Abdullah Hammoud zufolge kam es zu einer „alarmierenden Zunahme von bigotter und islamfeindlicher Rhetorik im Internet“. In einem Gastbeitrag für die New York Times schrieb Hammoud, dass sich seine Stadt von der US-Regierung betrogen fühle. Während Biden die Unterstützung der arabisch-amerikanischen Bevölkerung einfordere, „verkauft er gleichzeitig genau die Bomben, die Benjamin Netanjahus Militär auf unsere Familien und Freunde abwirft“.

Joe Bidens Politik hat sich in den vergangenen Monaten substanziell kaum verändert; die politische Stimmung in den USA schon. Hammoud und die Einwohner:in­nen Dearborns sind mit ihren Forderungen nicht mehr allein. Laut aktuellen Umfragen will ein Großteil der US-amerikanischen Bevölkerung eine permanente Waffenruhe in Gaza und dass die US-Regierung entsprechend umschwenkt.

Wie viele Menschen Biden im November aus diesem Grund tatsächlich ihre Stimme versagen werden, ist unklar. Bei manchen De­mo­kra­t:in­nen scheint die Schuldfrage allerdings schon beantwortet. US-Senator John Fetterman sagte neulich, dass Progressive, die bei der Wahl zu Hause blieben, Verantwortung für die „Tragödie“ einer zweiten Amtszeit Trumps trügen. Das erinnert an Hillary Clinton, die nach ihrer Niederlage 2016 allen die Schuld gab, nur nicht sich selbst.

Man kann die Entscheidung Linker, Biden nicht zu wählen, für falsch und kontraproduktiv halten. Man kann sich wundern, dass die Unterschiede zu Trump, was etwa Gewerkschaftsrechte, Klimaschutz und Demokratieverständnis betrifft, nicht als wesentlich genug betrachtet werden. Man könnte allerdings auch fragen, wie es überhaupt sein kann, dass dieses Rennen offen ist, angesichts dessen, dass Trump, ­gegen den diverse Gerichtsverfahren laufen, in so vieler Hinsicht ein schwacher Kandidat ist. Was sagt das über Biden und die De­mo­kra­t:in­nen aus? Und wie wollen sie verhindern, dass Trump ins Weiße Haus zurückkehrt?

Carl Marlinga sollte ein paar Antworten haben. Der 77-jährige Demokrat möchte für den zehnten Wahlbezirk von Michigan ins US-Repräsentantenhaus einziehen. Er muss dafür im November Amtsinhaber John James schlagen, einen jungen Schwarzen Republikaner, der Trump unterstützt.

Anders als die Ak­ti­vis­t:in­nen in Dearborn ist Marlinga optimistisch, dass es eine erfolgreiche Wahl wird – für Biden, die Partei und ihn selbst. „Trump zerfällt vor unseren Augen“, sagt er. Biden dagegen habe bei der Rede zur Lage der Nation im März bewiesen, dass er „voller Energie“ sei. Marlinga, der zwei Jahrzehnte lang als Staatsanwalt arbeitete und zuletzt Bezirksrichter war, glaubt, dass sich die Leute am Ende für die Demokratie und gegen den Extremismus der Re­pu­bli­ka­ne­r:in­nen entscheiden werden.

Ein Donnerstagvormittag Anfang Mai. Marlinga hat eine Runde von demokratischen Lokalpolitikerinnen und Parteiunterstützern versammelt, um über die politische Lage zu diskutieren. Sie sitzen im Pizzarestaurant Buddy’s, zwanzig Kilometer nördlich von Detroit. Ringsherum breite Straßen mit oberirdischen Stromleitungen, Fastfoodfilialen und Tankstellen. Ziemlich genau so, wie man sich das suburbane Amerika vorstellt.

Zu Beginn stellt Marlinga sein Programm vor: Abtreibungsrechte, Klimamaßnahmen, neue grüne Jobs und der Schutz der Demokratie seien die Prioritäten. Doch es geht schnell um andere Fragen, Grundsätzlicheres, darum, wie man Menschen überhaupt erreicht und in die politischen Prozesse holt.

„Ich erlebe die Leute zurzeit als politisch enorm engagiert“, sagt Michael Radtke, der im Gemeinderat der nahe gelegenen Stadt Sterling Heights sitzt. Den schlechten Umfragewerten für Biden und die De­mo­kra­t:in­nen will Radtke nicht viel Bedeutung zuschreiben. Ähnlich zuversichtlich ist auch Neil Oza, ein junger Community-Organizer, der betont, dass die De­mo­kra­t:in­nen der republikanischen Panikmache eine „positive Erzählung“ gegenüberstellen sollten.

Der Einzige an diesem Tisch, der mahnt, ist Ed Bruley, langjähriger Regionalvorsitzender der Demokratischen Partei. „Selbst Leute, denen es finanziell gut geht, sind verunsichert“, so Bruley. Inflation und Pandemie hätten ihre Spuren hinterlassen. Abstiegsängste der Mittelschicht könnten ein entscheidender Wahlfaktor sein, womöglich zugunsten Trumps.

Was auch immer in diesem Teil von Michigan im November passieren wird, wird bei den Spitzen der beiden Parteien Beachtung finden. Die Region nordöstlich von Detroit, Macomb County, gilt seit einigen Jahrzehnten als eine Art Indikator für strukturelle Verschiebungen, die das ganze Land betreffen.

Macomb County war im 20. Jahrhundert über lange Zeit in demokratischer Hand. Im Jahr 1964 gewann der Präsidentschaftskandidat Lyndon B. Johnson hier mit herausragenden 74 Prozent. Die demokratische Basis bildeten damals die weißen Arbeiter:innen, von denen viele ihr Geld in der Autoindustrie verdienten.

Nur acht Jahre nach Johnsons Sieg wählte die Mehrheit in Macomb County allerdings den Republikaner Richard Nixon, später auch Ronald Reagan. Beiden war es gelungen, rassistische Ressentiments infolge der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung und den Frust über ökonomische Instabilität im Zuge der Deindustrialisierung für sich zu nutzen. Der demokratische Wahlkampfstratege Alan Greenberg prägte dafür den Begriff der „Reagan Democrats“.

In diesem Jahrhundert gingen die Wahlen in Macomb County oft knapp aus. Nachdem Barack Obama in den Jahren 2008 und 2012 gewonnen hatte, ging Trump 2016 und 2020 als Sieger hervor. Sollten sich die De­mo­kra­t:in­nen in diesem Jahr Macomb County zurückholen, wäre das ein enormer Erfolg, womöglich sogar Indiz für einen neuen blauen Aufschwung in den Vorstädten. Die Frage ist, ob Marlinga, ein Mann tief im Rentenalter, der bei seiner ersten Kandidatur für den US-Kongress vor zwei Jahren scheiterte, dafür der richtige Kandidat ist.

Wenn Carl Marlinga über sich und Politik spricht, dann erinnert das immer wieder an Biden: der Glaube an das gute Amerika. Die Betonung von Stabilität. Auch das Gefühl, berufen zu sein. „Ich möchte nicht, dass das Land von Rechtsextremen übernommen wird“, sagt Marlinga. „Ich spüre eine moralische Verpflichtung, zu kandidieren.“ Hat er Verständnis für die Leute in Dearborn, für die Bewegung gegen Bidens Nahostpolitik? „Ich verstehe die Skepsis und das Zögern“, sagt Marlinga. Geholfen wäre damit aber vor allem Trump, bekanntlich ein Gegner von Immigration. „Ich hoffe, dass unsere muslimischen Brüder und Schwestern verstehen, dass dieser Typ ihr Feind und ein Feind der Vereinigten Staaten ist.“

Es sind gut gemeinte Worte. Und Carl Marlinga und die überzeugten De­mo­kra­t:in­nen haben auch recht: Es gibt nun einmal nur diese zwei Kandidaten. Doch das ist immer mehr Wäh­le­r:in­nen nicht genug.

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Vermutlich die Antwort auf die Frage:

Wie wird mein Afd-LV doch noch als "gesichert rechtsextrem" eingestuft?

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Die Polizei ermittelt gegen einen 19-jährigen Deutschen, weil er gegen das Waffengesetz verstoßen und verfassungswidrige Zeichen verwendet haben soll. Nach einem Streit mit einem Busfahrer im Rostocker Stadtteil Lütten Klein sprach die Polizei einen Platzverweis aus. Sie stoppte den Mann dann erneut, als er aus einem Bus heraus rechte Parolen brüllte und den Hitlergruß zeigte.

Bei der Durchsuchung stellten die Beamten fest, dass der alkoholisierte Mann ein Messer, einen Teleskopschlagstock und Quarzhandschuhe dabei hatte. Er habe gedroht, der Polizei das Messer "mal vorführen" zu wollen, hieß es.

Drecks inländische Messermänner

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Die Szenen wirken verstörend: In zwei Reihen marschieren die Neonazis hintereinander her. Sie tragen Fackeln, zwei Trommler führen den Zug an und geben den Takt vor. Die Männer tragen weiße Hemden, Cordarbeitshosen und Gürtel mit Koppelschlössern, die Frauen Röcke in gedeckt braunen Farben. Teilweise sind die Gesichter durch schwarze oder schwarz-rot-goldene Sturmhauben verdeckt. Mittendrin: auch ein paar Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter sowie ein Rechtsterrorist.

Die ganze Szenerie ist schon gruselig genug, ohne dass da Kinder indoktriniert werden.

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Israels Regierung schlägt immer schärferer Wind entgegen. Zehntausende sind nun auf die Straßen gegangen – mit klaren Forderungen.

Bei mit den größten Massenprotesten in Israel seit Monaten haben Zehntausende Menschen am Wochenende ein Ende der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und die Freilassung der im umkämpften Gazastreifen festgehaltenen Geiseln gefordert. „Lebendig, lebendig – und nicht in Leichensäcken“, skandierten Demonstranten am Samstagabend in der Küstenmetropole Tel Aviv.

Die Organisatoren sprachen nach örtlichen Medienberichten von rund 150.000 Teilnehmern. Es sei die größte Demonstration in Tel Aviv seit dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas am 7. Oktober vergangenen Jahres gewesen.

Auch in Jerusalem, Haifa, Beerscheba und anderen Orten gab es Massenproteste gegen die Führung von Netanjahu. Die Menschen forderten dabei lautstark Neuwahlen.

Juval Diskin, ehemaliger Leiter des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, verurteilte die Regierung bei der Kundgebung in Tel Aviv und bezeichnete Netanjahu als „den schlimmsten und am meisten gescheiterten Ministerpräsidenten in der Geschichte des Staates“, wie die „Times of Israel“ berichtete.

Diskin warf der Regierung ein verfehltes Kriegsmanagement, „die Lüge vom ‚totalen Sieg‘, die totale Flucht vor der Verantwortung“ und die „Zerstörung unserer strategischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten“ vor. Netanjahus Regierung verpasse „jede Gelegenheit zur Rückführung unserer entführten Brüder und Schwestern“.

Das „Wall Street Journal“ hatte jüngst berichtet, dass die Zahl der noch lebenden Entführten bei nur etwa 50 liegen könnte. Offiziell befinden sich noch rund 120 Geiseln in der Hand der Hamas.

Die Demonstranten warfen Netanjahu vor, sich den Forderungen seiner extremistischen Koalitionspartner zu beugen und einen Deal zur Freilassung der Geiseln zu verhindern. Einige Minister sind gegen ein Abkommen mit den Islamisten, da es auch eine Waffenruhe und die Entlassung palästinensischer Häftlinge aus Israels Gefängnissen vorsehen würde.

Derweil wird Israels Verteidigungsminister Joav Galant zu Gesprächen beim wichtigsten Verbündeten USA erwartet. Er wolle von diesem Sonntag bis Dienstag in Washington mit ranghohen Vertretern des Pentagon und des US-Außenministeriums zusammentreffen, berichtete die „Jerusalem Post“ am Samstagabend. Galants US-Reise erfolgt, nachdem Israels Regierungschef Netanjahu mit einem Video, in dem er die US-Regierung wegen einer zurückgehaltenen Waffenlieferung mit harschen Worten angegriffen hatte, für eine erneute Krise in den Beziehungen zur US-Regierung von Präsident Joe Biden gesorgt hatte.

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Am 22. Juni, gegen 1.40 Uhr, informierte ein Fahrdienstleiter die Bundespolizeiinspektion Freilassing über rechtsradikale Äußerungen in der Bayerischen Regiobahn am Bahnhof Traunstein.

Die alarmierten Beamten der Bundespolizei trafen am Bahnsteig und im Zug auf 13 deutsche Staatsangehörige im Alter von 14 bis 29 Jahren. Die meisten von ihnen stammen aus Baden-Württemberg und Hessen.

Sie werden verdächtigt, das Lied »L’Amour toujours« gesungen und mit rechtsradikalen Parolen versehen zu haben. Außerdem sollen sie sich gegenüber zwei indischen Staatsangehörigen, die ebenfalls im Zug waren, aggressiv verhalten und ihnen Gewalt angedroht haben. Körperliche Auseinandersetzungen wurden ersten Erkenntnissen zufolge jedoch verhindert.

Drei weitere deutsche Staatsangehörige im Alter von 20 bis 38 Jahren stellten sich der Gruppe entgegen. Einer der 38-Jährigen betätigte aufgrund der bedrohlichen Situation die Notbremse, was den Zug in Traunstein zum Halt brachte.

Die 13-köpfige Gruppe wurde von der Weiterfahrt ausgeschlossen und mit Platzverweisen belegt. Drei der Mitglieder sind bereits wegen Gewaltdelikten polizeilich bekannt. Die Staatsanwaltschaft Traunstein und die Bundespolizei ermitteln nun wegen des Verdachts der Volksverhetzung, Beleidigung und Bedrohung.

An dem Einsatz waren insgesamt 31 Beamte der Bundespolizei und 4 Beamte der bayerischen Polizei beteiligt.

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Er schubste den Dreijährigen und beleidigte ihn rassistisch: Ein Mann hat auf St. Pauli ein Kleinkind attackiert. Die Polizei Hamburg sucht nun Zeugen.

Der Täter versuchte, den Jungen einen Treppenabsatz in der St. Pauli Hafenstraße hinunterzustoßen. Die Mutter des Kindes konnte das verhindern. Auch die 30-Jährige beleidigte der Mann rassistisch. Der Vorfall ereignete sich zwischen dem Wohnmobilparkplatz und der Brücke 10. Die Polizei ermittelt.

Der Mann soll etwa 1,80 Meter groß sein, zwischen 30 und 35 Jahre alt sein und ein graues T-Shirt getragen haben. Er habe einen Fünf-Tage-Bart gehabt, berichtet die Polizei.

Also mich würde ja der Vorname des Täters interessieren

Wer etwas gesehen hat, wird gebeten, sich beim Hinweistelefon der Polizei unter 040/428656789 oder einer Polizeidienststelle zu melden.

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submitted 4 days ago* (last edited 3 days ago) by [email protected] to c/[email protected]
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Unbekannte haben in den vergangenen Tagen Farbanschläge auf das Privathaus der AfD-Bezirkschefin in Hamburg-Mitte, Nicole Jordan, in Wilhelmsburg verübt. Dabei warfen sie am vergangenen Freitag und in der Nacht zum Montag unter anderem Gläser mit übelriechendem Inhalt und auch Farbe auf das Grundstück, wie die Polizei am Montag mitteilte.

Teilweise seien die Gläser zerborsten. „Des Weiteren wurde eine Pforte zum Grundstück mit Bauschaum überzogen“, hieß es. Die Polizei sprach von „politisch motivierter Sachbeschädigung“. Der Staatsschutz ermittele.

Die AfD machte „Linksextremisten“ für die Taten verantwortlich. „Die Attacken sind skrupellos und feige. Sie sind auch Attacken auf unsere Demokratie“, sagte Landeschef Dirk Nockemann.

Sagt ein AfDler

https://de.wikipedia.org/wiki/Dirk_Nockemann

2010 tauchte Nockemann laut Bericht des Rechtsextremisten und langjährigen PI-News-Autor Manfred Rouhs bei einer Veranstaltung der Partei „Pro Deutschland“ (Pro-D) auf, welche sich damals bundesweit ausdehnen wollte und eine Kandidatur zur Hamburger Bürgerschaftswahl 2011 plante. Pro-D wurde für das Jahr 2010 schon im Verfassungsschutzbericht von Nordrhein-Westfalen erwähnt. Auf dem Podium saß neben dem Pro-D-Vorsitzenden Rouhs eine ehemalige Weggefährtin von Nockemann aus der Schillpartei, Gerda Wittuhn.

2015 berichteten das Hamburger Abendblatt und die taz über diverse Facebook-Freundschaften von Nockemann, darunter mit den Rechtsextremisten Michael Stürzenberger, Manfred Rouhs sowie weiteren früheren Pro-D-Aktivisten und auch NPD-Mitgliedern. Diese Vernetzungen hielt Nockemann gegenüber der taz für nötig um „Informationen“ und „Stellungnahmen zu bekommen, was in der Republik passiert, denn die lieben Medien berichten nur über das, was verbreitet werden soll“.

Der ehemalige Landesvorsitzende und Ex-Fraktionschef Jörn Kruse warf seinen Nachfolgern Dirk Nockemann und Alexander Wolf im Jahr 2019 in einem öffentlichen Brief vor, rechtsextreme Tendenzen in der AfD bewusst zu ignorieren und zu verharmlosen

Nach einem Bericht der taz stand Dirk Nockemann im Februar 2021 parteiintern in der Kritik, Vorwürfen einer Holocaustverleugnung durch einen Fraktionsmitarbeiter nicht entschieden nachgegangen zu sein. Belastungszeugen, die gegenüber Nockemann den Vorwurf in einem Schreiben vorgetragen hatten, würden laut Informationen der taz „massiv unter Druck gesetzt werden“.

Der NDR veröffentlichte Ende 2021 ein Foto, das ein Treffen zwischen Nockemann und mehreren Organisatoren der rechtsextremen „Merkel-Muss-Weg“-Demonstrationen aus dem Jahr 2018 im Kellergewölbe des Hamburger Rathauses zeigt.[23] Der Hamburger Verfassungsschutz hatte die „Merkel-Muss-Weg“-Kundgebungen seit 2018 als rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt eingestuft, weil sich an den Kundgebungen Funktionäre der NPD, der ‚Sektion Nordland‘, Sympathisanten der ‚Identitären Bewegung‘, Burschenschaftler, subkulturelle Rechtsextremisten, rechtsextremistische Hooligans und Reichsbürger beteiligten.

Das Treffen Nockemanns mit Protagonisten der Hamburger rechtsextremen Szene rief scharfe Kritik in der politischen Klasse Hamburgs hervor. Der Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft Deniz Çelik bezeichnete das Geschehen „als einen Affront gegenüber Parlament und gewählten Abgeordneten. Das ist unentschuldbar.“

In der Vergangenheit ist es bereits häufiger zu Angriffen auf das Haus der AfD-Politikerin gekommen, die dem rechten Rand um Thüringens AfD-Chef Björn Höcke zugerechnet wird.

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Ein Mann soll eine Familie beim Einkaufen in Berlin-Hellersdorf rassistisch beleidigt und mit einem Pfefferspray bedroht haben. Der Verdächtige flüchtete noch, bevor die Polizei eintraf, wie die Beamten am Sonntag mitteilten.

Ein 25-Jähriger war demnach am Samstagabend mit seiner 28 Jahre alten Ehefrau und seinem einjährigen Kind in einem Supermarkt einkaufen. Laut Zeugenaussagen soll der Mann sie "fremdenfeindlich" beleidigt haben, wie die Polizei mitteilte. Außerdem soll der Mann ein Pfefferspray auf das Paar gerichtet haben. Die Suche nach dem Tatverdächtigen blieb demnach bislang erfolglos. Der Staatsschutz ermittelt.

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Die Zahl der antisemitischen Vorfälle in Bayern ist vergangenes Jahr deutlich gestiegen. Vor allem nach dem Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 sei ein starker Zuwachs verzeichnet worden, sagte die bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) am Montag.

Die Zahl der gemeldeten Vorfälle in Bayern sei um 73 Prozent gestiegen – also auf rund 730, wenn man die Vorjahreszahlen zugrunde legt. „Die Zahlen sind alarmierend und bestürzend.“ Scharf bezog sich auf Zahlen des Bundesverbands der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias), der seine Zahlen am Dienstag bekannt geben will.

Im Jahr 2022 hatte Rias 422 antisemitische Vorfälle im Freistaat registriert. Bei dem Verband geht man aber von einer hohen Dunkelziffer aus. Zu den Vorfällen gehörten drei Angriffe auf jüdische Menschen, 13 Bedrohungen, 30 Sachbeschädigungen und 350 Fälle von verletzendem Verhalten, die nicht immer einen Straftatbestand erfüllen.

Nach dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 waren die Zahlen sprunghaft angestiegen. Innerhalb von zwei Monaten wurden 148 antisemitische Vorfälle in Bayern dokumentiert, 2,85 Mal so viele Fälle wie im Vorjahreszeitraum.

Scharf rief die Menschen auf, aktiv gegen jegliche Form von Antisemitismus vorzugehen. „Antisemitismus und Judenhass sind nicht ein Problem der Jüdinnen und Juden, sondern der gesamten Gesellschaft.“

Es brauche eine lebendige Erinnerungskultur, die keinen Raum lasse für Verschweigen, Wegschauen und Verdrängen. „In diesen aufgewühlten Zeiten“ sei Präventionsarbeit wichtiger denn je, betonte Scharf. Sie habe dabei vor allem die junge Generation im Blick. „Extremistische und antisemitische Haltungen haben im Freistaat keinen Platz.“

Bei Rias Bayern kann man antisemitische Vorfälle melden, auch solche unterhalb der Strafbarkeitsschwelle. Die Recherche- und Informationsstelle existiert seit 2019 und wird unter anderem vom bayerischen Sozialministerium gefördert.

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Eine Frau mit Kopftuch wird auf einem Parkplatz in Rheinland-Pfalz nach dem Einkaufen übel beleidigt. „Ihr Muslime gehört alle abgeschlachtet“, schleudert ihr ein unbekannter Mann entgegen. Die Mutter wird von ihrer minderjährigen Tochter begleitet.

In Berlin wird eine Muslima, die ein palästinensisches Halstuch, die Kufiye, trägt, von Fremden auf die Gleise geschubst und kann von anderen Personen nur knapp vor einem hereinfahrenden Zug gerettet werden.

In Bremen schreit ein Mann einer Mutter mit zwei Kindern hinterher: „Ihr Scheiß Muslime.“

Alltag in Deutschland im Jahr 2023. Genau 1962 antimuslimische Vorfälle hat die Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit dokumentiert – unterhalb und oberhalb der Strafbarkeitsgrenze.

Infos zu Claim, der Organisation die die Vorfälle dokumentiert hat:

Claim ist ein Netzwerk von 50 Organisationen. Die meisten davon sind anti-rassismus Initiativen oder liberale bis feministische muslimische Verbände.

Eine der 7 Delegierten-Organisationen ist aber auch die „Muslimische Deutsche Jugend“ (MDJ), der Nähe zur islamistischen Muslimbruderschaft vorgeworfen wird. Die MDJ hat öfters juristische Auseinandersetzungen mit dem Verfassungsschutz.

https://www.claim-allianz.de/ueber-uns/wer-wir-sind/

https://de.wikipedia.org/wiki/Muslimische_Jugend_in_Deutschland

Davon waren 1272 verbaler Natur, also Beschimpfungen gegen Menschen, die wegen ihrer Kleidung, ihres Namens oder ihres Aussehens als Muslime angesehen werden. Bei 363 Fällen handelte es sich um Diskriminierungen, bei 286 Taten wurden die Opfer verletzt, in vier Fällen war sogar eine Tötungsabsicht erkennbar.

Ein beschämendes Zeugnis stellt die Allianz, die sich selbst Claim nennt, der deutschen Gesellschaft aus. Der Verfassungsschutz ignoriere die Zunahme der Muslimfeindlichkeit, führt Rina Hanano aus, die Claim leitet.

Es fehle an einer systematischen Aufarbeitung muslimfeindlicher Taten, es gebe kein Training und keine Handreichung für Lehrkräfte oder Polizisten, wie sie auf Attacken gegen Gläubige des Islam reagieren sollen. „Der antimuslimische Rassismus durchzieht alle Bereiche“, meint Hanano. Er sei längst salonfähig und in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Jeder zweite Befragte stimmt laut Claim muslimfeindlichen Äußerungen zu. Drei von vier Menschen, die sich dem Islam zugehörig fühlen, berichten von Diskriminierungen aufgrund ihres Aussehens, ihrer Kleidung oder ihres Namens. „Sie werden als Muslime gelesen“, sagt Güzin Ceyhan, die den Monitoringbericht von Claim vorstellt. Vor allem Frauen und Jugendliche seien Opfer solcher Beleidigungen und Attacken.

Fast zwei Drittel der Fälle, so berichten die Claim-Vertreterinnen, bezögen sich auf Frauen und Mädchen. Viele Opfer fühlten sich nach Angriffen an die rechtsextreme Terrorzelle NSU erinnert.

Besonders seit dem Pogrom der Hamas in Israel am 7. Oktober haben auch die antimuslimischen Vorfälle in Deutschland drastisch zugenommen. Muslime würden für die Taten der Hamas in Kollektivhaftung übernommen.

Im Netz gibt es ganze Wellen von islamfeindlichen Posts – von der AfD sowie weiter rechts stehenden rassistischen Gruppen, aber auch von Muslimen und Migranten, die diese Glaubensrichtung vehement ablehnen, sowie von christlichen Kräften, welche die Lehre des Propheten Mohammed für rückständig halten.

Zwar wird die Allianz gegen Muslimfeindlichkeit vom Bundesfamilienministerium und der Bundeszentrale für politische Bildung unterstützt. Aber die Vertreter von Claim fühlen sich von der Politik allein gelassen. „Es fehlt eine breite Aufklärungskampagne und der politische Willen, die Diskriminierung zu bekämpfen“, meint die Vorsitzende der Allianz, Hanano.

Doch da sind auch einige Fragezeichen angebracht. Denn Claim berichtet zwar über beschämende Fälle. Inwieweit diese Tendenzen aber, abgesehen von der Zeit nach dem Hamas-Überall auf Israel, wirklich zunehmen, wird nicht so klar.

Auch unterscheidet die Gruppe nicht nach strafbaren Handlungen und problematischen Äußerungen, die unterhalb dieser Schwelle liegen. Es ist eben ein Unterschied, ob jemand eine junge Frau mit Kopftuch in Mordabsicht auf die Gleise wirft oder Menschen nachruft, sie gehörten nicht nach Deutschland.

Natürlich gibt es da einen Unterschied, aber dasselbe tut ja auch der Verfassungsschutz. Außerdem: Natürlich unterschiedet der Verband da, er hat die Vorfälle schließlich in verbale Angriffe, Körperverletzungen und Diskriminierungen aufgeteilt, wie der Artikel am Anfang schreibt.

So ist auch der Fall eines Mannes dokumentiert, dem der Arbeitgeber untersagt, während des Außendienstes zu beten. Das kann je nach Umständen diskriminierend sein, ist aber geradezu harmlos im Vergleich zur Tötungsabsicht eines Nazis, die wirklich an die Untaten des NSU erinnert.

Finde trotzdem, dass man das - je nach Umständen - als Diskriminierung und damit als antimuslimischen Vorfall auflisten kann.

Die Claim-Aktivistinnen und Aktivisten fordern auch eine Verschärfung des Antidiskriminierungsgesetzes. Sie begründen es aber lediglich mit der Vielzahl antimuslimischer Vorfälle. Dabei ist es Aufgabe des Gesetzes, Menschen vor allem vor gravierenden Fällen zu schützen.

Gut, da müsste man jetzt schauen, ob die Anzahl an gravierenden antimuslimischen Vorfällen zugenommen hat

Im Graubereich sind schnell die Grenzen zur Vertragsfreiheit überschritten. Vermieter können nicht dazu gezwungen werden, Menschen ohne Preisgabe des Namens eine Wohnung zu überlassen.

Sollte man ändern. Wieso muss der den Namen kennen, um zu entscheiden ob die Person die Wohnung bekommt? Klar, er kann den Namen dann googeln, aber bei den meisten Leuten wird er da nichts finden.

Und selbst wenn er über Google herausfindet, dass die Person z.B. mal kriminell war, erschwert das der Person nur die Rehabilitierung in die Gesellschaft, wenn sie keine Wohnung findet.

Die Angabe des Namens ermöglicht es dem Vermieter außerdem einer Person die sich politisch für etwas einsetzt, dass er nicht möchte, die Wohnung wegen deren politischem Aktivismus zu verwehren.

Auch bei Einstellungen ist es schwierig, jede Antidiskriminierung zu verhindern, ohne Arbeitgeber mit komplizierten Regeln zu überziehen, die deren Verfügungsfreiheit erheblich einschränken.

„jede Antidiskriminierung zu verhindern“ lol

Wieso? Man schickt die Bewerbung dann halt ohne Foto und Namen. Bewerbungen ohne Foto machen schon jetzt einige Unternehmen.

Die Unternehmen schicken dann halt eine automatisierte E-Mail in der statt „Sehr geehrter Herr Mustermann“ „Sehr geehrter Bewerber“ steht.

In einigen Branchen ist es auch schon jetzt üblich, dass man kein Vorstellungsgespräch hat, sondern stattdessen z.B. einen Test macht.

Und die die „Verfügungsfreiheit“ von Arbeitgebern Menschen wegen ihres Aussehens zu diskriminieren ist mir wenn ich ehrlich bin ziemlich egal.

Schließlich wird nicht richtig klar, wo Claim die Grenze zieht zwischen Muslimfeindlichkeit und einer Religionskritik, die durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist. Sie mag unsachlich sein, aber das müssen Muslime wie die Gläubigen anderer Religionen auch hinnehmen.

Wer den Islam als rückwärtsgewandt bezeichnet, ist deshalb noch kein antimuslimischer Rassist. Gälte der Vorwurf der katholischen Kirche, würde niemand von Christenfeindlichkeit sprechen.

Die Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit vertritt ein berechtigtes Anliegen und leistet Aufklärung, in dem sie die beschämende Zahl von Beleidigungen und Attacken auf die Angehörigen dieser Glaubensrichtung sammelt. Das verdient Anerkennung. Da die Zugehörigkeit oft am Namen oder Aussehen festgemacht wird, ist es auch ein Zeichen von Rassismus, Menschen islamischen Glaubens zu beleidigen und zu diskriminieren. Hier müssen Öffentlichkeit und Politik wachsamer werden.

Andererseits ist der Islam mit seinen Einrichtungen in der bundesdeutschen Öffentlichkeit allgegenwärtig, demografisch gewinnt er vor allem in der jüngeren Generation anteilig hinzu.

Und das rechtfertigt Diskriminierung inwiefern?

Das lässt die strukturelle Islamfeindlichkeit der Gesellschaft eher zurückgehen.

Beweis? Strukturen ändern sich nicht, außer wenn diejenigen, die von diesen Strukturen profitieren es wollen oder die Strukturen abgeschafft werden.

Und eine kritische Auseinandersetzung mit einigen intoleranten Formen des Islam ist geradezu notwendig.

Kein Scheiß Sherlock

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