this post was submitted on 06 Sep 2023
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Aufmüpfig

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Die Beitragsbemessungsgrenze wird ab 2024 wieder einmal leicht erhöht. Und wieder mal stellt sich mir die Frage: Warum gibt es die überhaupt?

Die Grenze höher anzusetzen (oder - ohgott die armen Millionäre! - bloß nicht anzutasten) fordern erwartbar verschiedene Parteien. Bis auf Die Linke [1, 2] scheint allerdings niemand darüber nachzudenken, diese tatsächlich einfach abzuschaffen. 2016 gab es die Idee, feministisch gedacht, mal aus der Richtung einer SPD-Familienministerin, innerhalb der Partei gab aufgrund von Sorgen um entsprechend steigende Rentenbeiträge allerdings genug Gegenwind um die Überlegung wohl gleich ganz zu begraben und sich mit der jährlichen Anpassung zu begnügen, die wohl gerade ein kleines Stückchen besser ist, als nichts zu tun und durch Inflation und Lohnentwicklung immer weitere Teile der Arbeitnehmer:innen hineinrutschen zu lassen. Durch die Schonung der Sozialversicherungsbeiträge bei den reichsten Prozent unserer Gesellschaft entgeht dem Staat dabei in Zeiten von Einsparungsnöten an allen Ecken wahrscheinlich immense Summen, die anderswo investiert gehören. Das sorgt bei mir für Kopfschütteln.

Ich glaube: Wenn mehr Menschen wüssten, dass diese Grenze existiert und wie sie funktioniert, müsste es eigentlich mehr Gegenwind dagegen geben, anders kann ich mir das nicht erklären. Im Kern halte ich sie für einen fundamental unfairen Mechanismus, der im besten Fall dazu dient, sich politisch den Allerreichsten unserer Bevölkerung anzubiedern, um diese bloß nicht verhältnismäßig zu belasten wie den Rest.

Wie ist eure Meinung dazu? Gibt es Aspekte, die tatsächlich für die Grenze sprechen, oder was soll das ganze eigentlich?

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[–] [email protected] -1 points 1 year ago* (last edited 1 year ago)

Die Rente ist nicht automatisch gedeckelt, sondern eben als direkte Berechnungsfolge der Beitragsbemessungsgrenze. Und ganz grundsätzlich mal gefragt: Warum sollte sie gedeckelt sein? Nach dem Äquivalenzprinzip muss die Rentenkasse auszahlen, was sie einbezahlt bekommen hat. Das macht erstmal auch für höhere Einkommen Sinn.

Jetzt kann man natürlich sagen: Ja gut, aber wir wollen nicht, dass Reiche so eine hohe Rente bekommen. (Da kann ich mitgehen - so reiche Menschen sollte es wahrscheinlich einfach gleich gar nicht geben, aber das ist nochmal ein ganz anderes Thema.) Das erreicht man mit der Bemessungsgrenze aber gar nicht. Wer es sich leisten kann investierst sein überschüssiges Kapital (z.B. die Ersparnisse aus der Beitragsbemessungsgrenze) und vervielfachst es. Reiche Menschen haben im Kapitalismus weitläufige Möglichkeiten, ihren Wohlstand zu vermehren. Das lösen wir nicht, indem wir dem Sozialversicherungssystem Beiträge vorenthalten, das ist alles nur Bürokratie, die die realen Verhältnisse verschleiert.

Wenn man tatsächlich verhindern will, dass einige Rentner:innen so viel Geld haben, dann muss man ganz woanders ansetzen. Zum Beispiel durch Pflichtversicherungen, indem das Äquivalenzprinzip ganz aufgehoben wird, ein gestaffeltes System entwickelt und eine bedingungslose Grundrente geschaffen wird, auf die die CEOs dieser Welt aufstocken dürfen. Wahrscheinlich haben da Expert:innen noch bessere Ideen als ich so spontan während meines Feierabends. Ich meine aber, dass es welche geben sollte, und vor allem meine ich, dass es einen breiteren politischen Dialog darüber braucht als nur bei einer einzigen Partei, die für sowas von den meisten Berufspolitiker:innen gegenwärtig belächelt wird.

Wenn wir mal annehmen dass die meisten Parteien im Kern opportunistisch veranlagt sind verstehe ich einfach nicht warum "Beitragsgeschenke an Milliardäre stoppen" nicht mehrheitsfähig ist, und daher nicht von einer breiten Mehrheit der Parteien so gegenüber der Wählerschaft angeboten wird.