Ich finde es super, wenn struktureller und Alltags-Rassismus klar benannt wird. Jetzt aber algorithmisch durch unsere Sprache zu kämmen und Wörter rauszuschwärzen, die die allermeisten Menschen im Kontext nie verletzend benutzt haben erscheint mir total unlogisch. Genau wie "Indianer" oder "Eskimo" kann man "schwul" problemlos neutral benutzen. Deshalb ist die Zensur von Wörtern, die ursprünglich nicht als Schimpfwort erdacht wurden, im besten Fall gut gemeint aber trotzdem daneben. "Schwuchtel" oder "removed" wären meiner Meinung nach Gegenbeispiele, hier ist eine Ächtung durchaus sinnvoll, weil beide immer herabwertend and dadurch verletzend sind.
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Genau deine beiden Negativbeispiele hatte ich gerade auch im Kopf bei einer anderen Antwort! Die dort vorhandene, immer herabwürdigende Qualität haben jedenfalls für mich "Indianer" und "Eskimo" nicht zwingend.
Klar kann ein entsprechend denkender Mensch sie so verwenden, aber ich sehe auch die Möglichkeit einer völlig wertfreien Verwendung.
Die Native American Association hat dazu einen Beitrag auf ihrer Website, aus "aktuellem Anlass". Das ist die Vereinigung, deren Vorsitzende, Carmen Kwasny, im Artikel zur Sprache kommt (bzw auf deren Stellungnahme gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur von der FAZ Bezug genommen wird).
"Die Frage, ob es sinnvoll ist, das Wort "Indianer" aus dem deutschen Sprachgebrauch zu verbannen, kann definitiv nicht mit wenigen Sätzen beantwortet werden. Wir brauchen dafür viel mehr Zeit und weitere Informationen. Das ständige Wiederholen der stets gleichen Argumente bringt uns nicht weiter. Es ist ein längerer Prozess und es ist wichtig, dass wir dies gemeinsam tun."
Falls jemand wirklich mal Lust hat die Perspektive von Betroffenen zu erfahren und etwas tiefer einzutauchen.
Vielen Dank für den Link. Das finde ich deutlich Hilfreicher als der Kommentar in der FAZ, der Kwasny nur sehr selektiv zu erwähnen scheint.
Auch dieser Beitrag passt gut zum Thema, der hier verlinkt ist.
Das Wort selbst ist nicht Rassistisch. Rassistisch sind die Denkweisen jener, die es in gewisser Art und Weise nutzten.
Allerdings wird das in dem Kommentar nicht wirklich betrachtet. Statt dessen wird aus der Entscheidung des Humboldt-Forums ein "Verbot" der Nutzung abgeleitet. Es ist zwar schön, dass im Kommentar auch die Betroffenen zu Wort kommen, so wirklich hilfreich ist das aber auch nur bedingt. Wirkt auf jeden Fall so, als wolle sich der Kommentar überhaupt nicht mit dem angesprochenen potentiellen Rassismus befassen, sondern lediglich eine Bestätigung, um weiterhin die Wörter "Indianer" und "Eskimo" zu nutzen.
Es ist zwar schön, dass im Kommentar auch die Betroffenen zu Wort kommen, so wirklich hilfreich ist das aber auch nur bedingt.
Das verstehe ich nicht? Das ist doch mit das entscheidendste bei solchen Themen?
Ich bekomme bei dem Kommentar leider das Gefühl, die Fragen an Kwasny dienen dem Autor nur dazu, die Nutzung des Wortes zu verteidigen. Die Zwischenüberschrift zitiert er z.B. die Aussage zum vermeintlichen Verbot. Dass sie aus heutiger Sicht die Nutzung des Worts im Lied fragwürdig findet bleibt hingegen eine Randnotiz.
Wenn ich einen Kommentar über mögliche rassistische Komponenten im Wort "Indianer" schreiben würde, würde ich die Betroffenen fragen, wann sie die Nutzung als rassistisch empfinden würden. Ich bin überzeugt, die befragte Kwasny hätte weit differenzierte Antworten geben können. So wirkt es auf mich, als vereinfache die Fokussierung auf ein "Verbot" das ganze Thema auf eine Ja/Nein-Frage.
Wie gesagt, ich finde es gut, dass Betroffene befragt wurden. In welchem Kontext "Indianer" für diese angemessen ist, weiß jetzt trotzdem nicht. Ich weiß lediglich, dass es aus deren Sicht nicht "verboten" werden soll. Deshalb nur bedingt hilfreich für mich.
Aber ist das nicht gerade bezeichnend für diese Wort-Debatten, dass selbst die tatsächlich Betroffenen keine Schwarz-Weiß-Antworten geben?
Du schreibst am Anfang ganz treffend:
Das Wort selbst ist nicht Rassistisch. Rassistisch sind die Denkweisen jener, die es in gewisser Art und Weise nutzten.
Die Kernaussage für mich aus dem Artikel ist, dass es statt Ja/Nein letztlich wieder mal auf den Kontext ankommt. Einerseits hat man rassistisch denkende Menschen, die Worte wie "Indianer" aber bspw. auch "Türke" oder "schwul" als Ausdruck ihrer Menschenverachtung nutzen. Andererseits hat man sehr toleranzsensibilisierte Menschen, die zur Vermeidung etwaiger Diskriminierung regelmäßig Worte wie "Indianer" oder "Eskimo" endgültig aus ihrem Wortschatz verbannen. Ich verstehe den Artikel so, dass der Begriff - je nach Kontext und Intention des Sprechers natürlich - trotz dieser beiden Extrempole in der Sprache gebraucht werden kann, ohne zwingend rassistisch zu sein, wie ich es beispielsweise bei "N***a" oder beim für mich ausschließlich homophoben "Schwuchtel" sehen würde.
Die Kernaussage für mich aus dem Artikel ist, dass es statt Ja/Nein letztlich wieder mal auf den Kontext ankommt.
Und für mich bleibt die Folge dieser Aussage viel zu sehr auf der Strecke.
Der Artikel stellt zwar Wortreich fest, dass Indianer und Eskimo an sich nicht rassistisch sind, der Kontext in dem es so sein könnte wird allerdings nur kurz angeschnitten. Kwasny sagt, dass sie das vom Humboldt-Forum thematisierte "Oberindianer" heute so nicht mehr verwenden würde, aber es wird überhaupt nicht auf ihre Gründe eingegangen. Und für das "Märchen vom despektierlichen Eskimo" gibt es zwar eine linguistische Erklärung, aber keine Einordnung ob dieses semantische Missverständnis wirklich der ausschlaggebende Ursprung rassistischer Ressentiments gegenüber den Betroffenen ist.
Deshalb finde ich den letzten Satz des Kommentars auch ziemlich ironisch. Denn während der Autor anderen vorwirft, ihre Handlungen würden Betroffenen nicht helfen sondern dienen eher der Selbstdarstellung, hilft mir sein Beitrag ebenso wenig, diese besser zu verstehen, sondern wirkt durch diesen Abschluss wie eine persönliche Abrechnung mit den "antikolonialistischen Abendländern".
Der Artikel stellt zwar Wortreich fest, dass Indianer und Eskimo an sich nicht rassistisch sind, der Kontext in dem es so sein könnte wird allerdings nur kurz angeschnitten.
Aber liegt das nicht vielleicht auch daran, dass der Kontext mit den tatsächlichen Begriffen nix zu tun hat, sondern mit der Denkweise desjenigen? Sprich: rassistisch werden die Begriffe erst durch denjenigen, der sie rassistisch verstanden haben möchte.
Wie ich mit dem "Türke"-Beispiel probiert habe zu illustrieren, würde so jemand das auch in einer Art nutzen, dass sich ein türkischstämmiger Mensch zu Recht beleidigt/herabgewürdigt fühlen würde. Für einen normalen Menschen ist das jedoch ein ganz normales Wort und wird entsprechend genutzt - und derjenige würde sich dadurch überhaupt nicht beleidigt fühlen.
Und für das Verhalten von Rassisten brauche ich auch nicht viel weitere Erklärung in diesem Artikel. Wenn bspw. eine Frau Weidel erklären würde, dass Deutschland überflutet würde mit Eskimos und Indianern, dann wüsste ich, dass sie das ohne eine Spur Respekt, sondern nur mit verachtendem Hass sagt.
Aber liegt das nicht vielleicht auch daran, dass der Kontext mit den tatsächlichen Begriffen nix zu tun hat, sondern mit der Denkweise desjenigen? Sprich: rassistisch werden die Begriffe erst durch denjenigen, der sie rassistisch verstanden haben möchte.
Ich glaube nicht, dass es so einfach ist. Es können auch durchaus problematische Kontexte ohne rassistische Intention entstehen, die dennoch rassistische Denkweisen fördern und sei es unbewusst. Das "Märchen" der Herkunft des Wortes Eskimo ist vermutlich auch nicht so verbreitet, weil jeder der es so versteht einfach rassistische Gedanken hegt. Es dürfte wohl eher durch die Interessen von bestimmten Menschen so verbreitet worden sein und sich dann aus Unwissenheit so etabliert haben.
Die Native American Association hat auf ihrer Homepage ja auch einige Missverständnisse aufgeführt und versucht für den Gebrauch des Wortes bzw. der Kultur zu sensibilisieren. Und auch im Artikel sagt Kwasny, dass sie den Text von Lindenberg heute nicht mehr für passend halten würden. Deshalb würde ich Lindenberg nicht Rassismus unterstellen. Dennoch wünschen sich Betroffene offensichtlich einen zeitgemäßeren Umgang mit dem Begriff. Warum also nicht ein paar Beispiele bringen um interessierten Lesern mehr Einblick zu verschaffen?
Rassismus schlägt sich nicht nur in bewusstem Handeln fremdenfeindlicher Menschen nieder. Er kann sich auch unterbewusst in der Gesellschaft verbreiten und sich durch Unwissen oder Vorurteile zeigen. Und es kann bei Betroffenen auch wirken, ohne dass diese böse Absicht unterstellen. Um solche Muster durchbrechen zu können braucht es eben Bewusstsein. Das kann aber nicht damit geschaffen werden, indem einfach "Abendländer" gegen "Abendländer" ausgespielt werden. Dafür muss man die Dinge schon hinterfragen. Das kommt mir im Kommentar einfach zu kurz.
Für mich fühlt sichs einfach nicht mehr richtig an, deswegen benutz ichs nicht mehr.
Steht ja im Text: Damit machst du dann ein Schimpfwort draus, obwohl sie sich teilweise selber so bezeichnen. Ist doch irgendwie paradox, oder?
Was sagst du denn stattdessen?
So ein Blödsinn, nur weil ich Worte nicht mag sind sie noch lang keine Schimpfworte. Es macht einfach keinen Sinn für mich jemand indian zu nennen, wenn er/sie nicht aus Indien kommt. Und was andere sagen ist mir ehrlich gesagt vollkommen egal.
Ich sag halt einfach (Amerikanische) Ureinwohner
Ich hab bisher tatsächlich noch nie gehört, dass jemand das Wort "Indianer" verbieten möchte und halte das auch grundsätzlich für Unsinn.
In dem genannten Kontext, wo das Wort klar abwertend gemeint ist, kann ich aber verstehen, dass man sowas eher vermeiden sollte:
bei einer Aufführung von Udo Lindenbergs Song „Sonderzug nach Pankow“ im Rahmen eines Chorkonzerts das Wort „Oberindianer“ wegzulassen. So hatte Lindenberg im Jahr 1983 den DDR-Machthaber Erich Honecker genannt.
Aber wie im Artikel steht, das war noch aus einer anderen Zeit.